Klub der jungen Geschichten
Der Unfall
Klub der jungen Geschichten
Yara Eng, Hergiswil bei Willisau, 5. Primar
Ich stieg in den Keller. Dort schien ein Licht aus dem Schrank, den seit Ewigkeiten niemand nicht mehr geöffnet hatte. Ich öffnete ihn und kniff die Augen zusammen. Ein helles Licht kam aus dem Schrank. Ich ging in den Schrank und wollte das Licht anfassen, doch plötzlich war meine Hand weg. Ich zog sie schnell wieder zurück. Doch dann traute ich mich, die Hand wieder hineinzustrecken.
Ich ging langsam näher, bis ich plötzlich ganz durch das Licht durchgegangen war. Ich war in einer anderen Welt. Oder doch nicht? Langsam erkannte ich die Umgebung. Ich sah die Wiese vor unserem Haus. Und natürlich auch unser Haus. Doch etwas war anders. Die Bauarbeiten, die erst in zwei Wochen hätten anfangen sollen, hatten schon angefangen.
Plötzlich flog eine Zeitung durch die Luft. Sie flog mir vor die Füsse, und ich hob sie auf. Ich erstarrte. Auf der Zeitung stand 3.7.2023 aber heute war der 16.6.23. Da kapierte ich es. Ich war in der Zukunft! Der Schrank war also ein Portal. Ich drehte mich um und wollte zurück durch das Portal in die Gegenwart, doch es war weg. Ich schlug mir an die Stirn. Natürlich konnte ich nicht zurück, ich stand ja auf einer Wiese, auf der kein Schrank stand. Ich überlegte, wo er sein könnte. Dann fiel mir ein, dass ich nur zwei Wochen nach vorne gerutscht war, also war der Schrank wahrscheinlich immer noch am ein Portal.
Ich hatte aber keine Lust jetzt schon wieder zurück in die Gegenwart zu gehen, also lief ich in den Feldweg, der in den Wald führte, entlang. Nach einiger Zeit bog ich ab. Kurz vor der Landstrasse sah ich, wie ein griesgrämig dreinblickender Mann in einem blauen Auto mindestens 80km/h fuhr und eine Ölspur hinterliess. Ich blickte ihm kopfschüttelnd hinterher. Man durfte 60km/h fahren und er fuhr 80km/h! Ich ging weiter. Plötzlich sah ich, wie mein Bruder mit seinem Auto angerast kam. Kurz vor der Ölspur wollte er abbremsen, aber es war zu spät! Das Auto rutschte aus, drehte sich in der Luft und blieb verkehrt auf der Strasse liegen.
Ich rannte so schnell ich konnte zu dem Auto. Als ich dort angekommen war, sah ich wie mein Bruder bewegungslos auf der zersprungenen Glasscheibe lag. Mir stiegen Tränen in die Augen. Ich ging in das Auto und rüttelte an meinem Bruder. Er bewegte sich nicht und mit einem Schrecken stellte ich fest, dass er nicht mehr atmete. «Er ist tot! », sagte ich leise. Ich fing an zu weinen. Doch dann begriff ich, dass ich meinen Bruder retten konnte. Also den Unfall verhindern. Ich lief den ganzen Weg zurück zu unserem Haus und wollte die Tür öffnen, doch sie war zu! Ich hatte den Schlüssel zur Haustür nicht, aber ich hatte eine andere Idee. Ich ging zum Kellerfenster und Bingo! Es war offen. Ich zwängte mich durch das kleine Fenster.
Als ich im Keller war, rannte ich zum Schrank, öffnete ihn und ging durch das leuchtende Portal. Ich stand auf der Wiese vor unserem Haus. Ich sah mich um. Die Bauarbeiten hatten noch nicht angefangen, also war ich sehr wahrscheinlich in der Gegenwart. Ich lief zu unserem Haus und klingelte, denn ich war mir ziemlich sicher, dass die Türe zu war. Meine Mutter öffnete die Haustür und sah mich verwundert an. «Ich habe dich schon überall gesucht», sagte sie. «Ich war draussen und dann hat wohl jemand die Tür zu gemacht», schwindelte ich. Meine Mutter glaubte mir zum Glück, und ich konnte meinen Bruder suchen. In der Küche war er nicht. Ich lief nach oben und öffnete die Zimmertür meines Bruders. Er lag mit Kopfhörern auf seinem Bett und bemerkte mich nicht. Ich wollte mich ihm sprechen, doch er hörte mich nicht. Ich ging zur Streckdose und zog den Stecker raus. Verwundert sass mein Bruder auf und sah mich wütend an. «Wieso ziehst du den Stecker raus? » «Ich möchte mit dir sprechen.» «Und über was bitte schön?», fragte mein Bruder genervt.
Ich erzählte ihm alles, was passiert war, aber er glaubte mir natürlich nicht und lachte mich nur aus. Dann stand er auf, steckte den Stecker wieder in die Steckdose und setzte seine Kopfhörer wieder auf. Mit gemischten Gefühlen verliess ich das Zimmer meines Bruders. Beim Abendessen überlegte ich die ganze Zeit, doch mir fiel einfach nichts ein. Schliesslich gab ich auf. Die nächsten zwei Wochen konnte ich nicht gut schlafen. Ich träumte die ganze Zeit von meinem Bruder. Also wie er starb und von seiner Beerdigung. Ausserdem war in meinen Träumen alles schwarz-weiss.
Am Tag des Unfalls wachte ich auf und plötzlich hatte ich eine Idee. Ich rannte in die Küche, aber mein Bruder war nicht wie sonst immer dort. Ich fragte meine Mutter wo er war, doch sie wusste es auch nicht. «Er ist heute schon früh aufgestanden. Ich habe gesehen, wie er angezogen die Treppen hinunter lief.» Ich lief mit hängenden Schultern die Treppen hoch und in mein Zimmer. Dort konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Irgendwann hörte ich, wie jemand durch den Flur lief. Ich öffnete meine Zimmertür und sah meinen Bruder. «Wo warst du?», fragte ich. «Einkaufen, wieso?» «Ich muss dir heute etwas zeigen», sagte ich und zog meinen Bruder in den Keller. Dort öffnete ich den Schrank und ging hindurch. Mein Bruder folgte mir sprachlos. Als wir auf der anderen Seite, also in der Zukunft waren, fiel mir plötzlich etwas ein. In der Zukunft war die Zeit wahrscheinlich nicht stehen geblieben, sondern sozusagen weitergegangen. Doch die Hoffnung hatte ich doch noch.
In der Nähe von uns wohnte ein Mann, der alte Zeitungen aufbewahrte und dann günstig weiterverkaufte. Ich zog meinen Bruder zu seinem Geschäft, nahm die Zeitung die einen Tag nach dem Unfall raugekommen war und zeigte meinem Bruder das Titelbild. «Zwanzigjähriger kam bei Autounfall ums Leben», las er. «Ist das mein Auto?» «Ja!» Mein Bruder stand leichenblass da. «Glaubst du mir jetzt?» Mein Bruder nickte. « Gut, dann können wir ja wieder zurück», sagte ich erleichtert. Wir liefen zu unserem Haus. Ich ging zum Kellerfenster und es war zum Glück wieder offen. Ich kletterte hindurch und mein Bruder folgte mir. Wir gingen durch das Portal und standen wieder auf der Wiese vor unserem Haus. «Hast du den Hausschlüssel noch?», fragte ich. Mein Bruder nickte und zog ihn aus seiner Jackentasche. Er gab ihn wir, ich schloss die Tür auf und wir schlichen leise ins Haus.
Wir liefen so leise wie möglich die Treppe hinauf und schlüpften in das Zimmer von meinem Bruder. Als mein Bruder die Zimmertür abgeschlossen hatte, fragte ich ihn was er eigentlich machen wollte, dass er mit dem Auto fuhr. ,, Ich wollte mit Steven ins Kino diesen geilen neuen Film anschauen.’’, antwortete er. ,,Aber jetzt muss ich wohl absagen.’’ Er nahm sein Handy und rief Steven an. Der nahm es ihm zum Glück nicht übel und er sagte ,,Sie könnten ihn ja ein andermal ansehen.’’ Ach übrigens: Steven ist der beste Freund von meinem Bruder. Mein Bruder legte sein Handy weg und sagte: ,,Danke, dass du mich gerettet hast kleines Schwesterchen.’’ ,,Gern geschehen.’’, antwortete ich glücklich, das nun alles gut war.
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